Erich Mielke

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Erich Mielke (1976)

Erich Fritz Emil Mielke (* 28. Dezember 1907 in Berlin; † 21. Mai 2000 ebenda) war ein deutscher Politiker (SED). Er baute den Staatssicherheitsdienst („Stasi“) in der DDR auf und war nach dem Rücktritt Ernst Wollwebers ab 1957 als Minister für Staatssicherheit der DDR einer der Hauptverantwortlichen für den Ausbau des flächendeckenden Kontroll-, Überwachungs- und Unterdrückungssystems in der DDR. 1989 wurde er u. a. wegen Machtmissbrauchs verhaftet. Wegen der Erschießung zweier Polizisten im Jahr 1931 verurteilte ihn das Landgericht Berlin 1993 wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren.

Leben

Jugend und Ausbildung

Erich Mielke wuchs in Berlin-Wedding als Sohn eines Stellmachers in einem proletarischen Umfeld auf.[1] Die sechsköpfige Familie – Mielke hatte drei Geschwister – bewohnte eine 30-Quadratmeter-Wohnung. Seine Eltern zählten 1918 zu den Gründungsmitgliedern der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).[2] Infolge einer Begabtenauswahl erhielt Mielke 1923 einen Freiplatz am Köllnischen Gymnasium. Er verließ die Schule wegen Schwierigkeiten beim Erlernen der klassischen Sprachen bereits nach einem Jahr und absolvierte anschließend bis 1927 eine Lehre als Speditionskaufmann. Nach dem Abschluss seiner Ausbildung arbeitete Mielke zuletzt bei einer Firma des Siemens-Konzerns, die ihn im Januar 1931 wegen eines Arbeitskampfs entließ.

Aktives KPD-Mitglied

Schon 1921 war Mielke dem KJVD beigetreten. Eigenen Angaben zufolge wurde er 1925 Mitglied der KPD. Auch der Roten Hilfe und dem Roten Frontkämpferbund (RFB) gehörte Mielke an. Im RFB hatte er die Funktion eines „Schriftführers und Kulturobmanns“ inne. Wegen der Teilnahme an einer verbotenen KPD-Demonstration in Leipzig verbüßte Mielke 1930 eine mehrtägige Ordnungsstrafe im Polizeigefängnis am Alexanderplatz. Arbeitslos geworden, beschäftigte ihn 1931 die kommunistische Rote Fahne, wobei eine Tätigkeit als „Lokalreporter“ ins Reich der Legende gehört.[3] Ebenfalls gehörte Mielke dem 1931 gegründeten Parteiselbstschutz, einer paramilitärisch organisierten und bewaffneten Gruppe der Partei, an. In dieser Eigenschaft erschossen er und das Selbstschutzmitglied Erich Ziemer am 9. August 1931 auf dem Bülowplatz in Berlin die Polizeioffiziere Paul Anlauf und Franz Lenck auf offener Straße.[4] Die KPD schaffte die beiden daraufhin einige Tage später in die Sowjetunion. Mielke behauptete später, die NS-Justiz hätte ihn 1934 „in Abwesenheit verurteilt zum Tode (Bülowplatz)“. Tatsächlich war das Verfahren gegen ihn durch Beschluss vom 23. April 1934 gemäß § 205 StPO noch vor der Eröffnung des Hauptverfahrens eingestellt worden, da man seiner nicht habhaft werden konnte.[5]

Nach der Flucht in die Sowjetunion und im Spanischen Bürgerkrieg

In Moskau erhielt er von 1932 bis 1936 eine politische und militärische Ausbildung an der Lenin-Schule und kämpfte von 1936 bis 1939 unter dem Decknamen Fritz Leissner im Spanischen Bürgerkrieg bei den Internationalen Brigaden. Zuletzt im Range eines Hauptmanns, versah Mielke nach eigenen Angaben vor allem Stabsdienst in den Führungen der XI. und XIV. Brigade sowie Aufgaben als „Kaderoffizier“ (Politoffizier) in der 27. Division. Unter anderem war er zuständig für das Umsetzen der Stalinschen Säuberungen in diesen Einheiten. Walter Janka soll, wie andere Spanienkämpfer auch bezeugen, „… Erich Mielke als Offizier der SIM, der stalinistischen Geheimpolizei in Spanien“ (Servicio de Investigación Militar) gesehen haben.[6] Fahndungsplakat vom September 1933, das Mielke (oben rechts) und andere (u.a. Walter Ulbricht unten links) wegen des Doppelmordes vom 9. August 1931 zeigt.

In der Endphase des Spanischen Bürgerkrieges begab sich Mielke im Februar 1939 über die Pyrenäen nach Frankreich, wo er zusammen mit anderen Interbrigadisten zunächst interniert wurde, dann aber nach Kontaktaufnahme mit der KPD-Leitung im Mai 1939 auftragsgemäß nach Belgien ging. Entgegen einer später von ihm verbreiteten Legende hielt sich Mielke unter seinem Klarnamen in Belgien auf und wurde nicht aus Deutschland ausgebürgert. Die Staatsanwaltschaft Berlin verzichtete auf ein Auslieferungsersuchen für Mielke. Sie sah die Polizistenmorde als ein „politisches Verbrechen“ an, wofür der Auslieferungsvertrag mit Belgien keine Auslieferung erlaubte.[7]

Im Zweiten Weltkrieg

Unter dem Decknamen Gaston war Mielke bis in die Monate nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges Mitherausgeber der für Deutschland bestimmten und bis Februar 1940 illegal von der KPD im Grenzgebiet zu Belgien verbreiteten Neuen Rheinischen Zeitung. Die deutsche Invasion veranlasste die Regierung Belgiens im Mai 1940 zum Abtransport aller deutschen Staatsangehörigen in französische Internierungslager.

Mielke kam Ende Mai 1940 in das Lager Cyprien, aus dem er im August 1940 nach Toulouse flüchtete. Vermutlich fand Mielke im September 1940 Unterschlupf in einem französischen Arbeitskommando für Ausländer. Im Sommer 1941 nahm Mielke eine weitere Identität als „Richard Hebel“ an und erbat bei dem KPD-Funktionär Willi Kreikemeyer in Marseille Hilfe bei der Ausreise nach Mexiko und materielle Unterstützung, die er erhielt.[8] Nachdem deutsche Truppen infolge der Landung der Amerikaner in Nordafrika im November 1942 Südfrankreich besetzt hatten, löste sich die Marseiller Emigrantenszene auf. Verbürgt sind jedoch spätere Kontakte der KPD-Gruppe in Toulouse, wo Mielke sich Leisner nannte, zur Parteiführung in Moskau. Im März 1943 telegrafierte von dort der KPD-Vorsitzende Wilhelm Pieck, der das Pseudonym entschlüsselt hatte: „Sicherung Leisner wegen Bülowplatzsache“.[9] Im Januar 1944 wurde Mielkes Arbeitskommando, innerhalb dessen eine deutsche kommunistische Zelle existierte, in die deutsche Organisation Todt integriert, in der er bis zum Kriegsende verblieb. Genauere Angaben fehlen. Mielke schlug sich nun individuell in Richtung seiner Heimatstadt Berlin durch, wo er am 14. Juni 1945 erschien und sich bei der KPD meldete.

Politische Karriere in der SBZ/DDR

Mielke wurde sofort Leiter der Polizeiinspektion Berlin-Lichtenberg im sowjetischen Sektor. Außerdem wurde ihm im Zentralkomitee der KPD die Funktion des Abteilungsleiters für Polizei und Justiz übertragen. Vom Juli 1946 an war er Vizepräsident der Deutschen Verwaltung des Innern (DVdI), die mit Gründung der DDR in Ministerium für Inneres umbenannt wurde, und innerhalb derer er ab Mai 1949 die Hauptverwaltung zum Schutze der Volkswirtschaft aufbaute.

Bei der Gründung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS, „Stasi“) im Februar 1950 wurde Wilhelm Zaisser als Leiter eingesetzt und Erich Mielke, neben Joseph Gutsche und anderen, einer seiner Stellvertreter im Range eines Staatssekretärs. Im gleichen Jahr wurde er auch Mitglied des Zentralkomitees der SED. Der Prozess gegen den westdeutschen KPD-Bundestagsabgeordneten Kurt Müller wurde maßgeblich von Mielke vorbereitet. Nach den Ereignissen des 17. Juni 1953 wurde Zaisser abgesetzt, Ernst Wollweber übernahm die Leitung des MfS. 1957 entließ Walter Ulbricht Wollweber auf dessen Wunsch, und Mielke wurde zum Leiter des MfS ernannt. Diese Position bekleidete er bis zum 7. November 1989. Zur Zeit von Mielkes Amtsantritt hatte die Behörde rund 14.000 hauptamtliche Mitarbeiter, 1989 schätzungsweise 91.000.

Von 1958 bis 1989 war Mielke Abgeordneter der Volkskammer.

Ab 1971 wurde Mielke Kandidat und ab 1976 Vollmitglied des Politbüros des Zentralkomitees der SED. Von 1960 bis 1989 war er Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR (NVR), ab 1980 Armeegeneral.

Von 1953 bis 1989 war er erster Vorsitzender der Sportvereinigung Dynamo. Von 1957 bis 1989 war er Mitglied des Vorstandes des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) der DDR und Mitglied des Staatlichen Komitees für Körperkultur und Sport der DDR.[10]

Rücktritt, Verurteilung und Tod

Am 7. November 1989 trat Mielke zusammen mit der gesamten Regierung Stoph zurück, am folgenden Tag zusammen mit dem gesamten Politbüro des ZK der SED. Am 17. November wurde sein Abgeordnetenmandat aufgehoben. Am 3. Dezember 1989 wurde Mielke aus der SED ausgeschlossen, am 7. Dezember 1989 kam er unter dem Vorwurf der „Schädigung der Volkswirtschaft“ und des „Hochverrats durch verfassungsfeindliche Aktionen“ in Untersuchungshaft.[11] Er wurde am 2. Februar 1990 ins Haftkrankenhaus der Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen verbracht, aus dem er am 8. März 1990 aus gesundheitlichen Gründen entlassen wurde. Im Juli desselben Jahres kam er erneut in Untersuchungshaft, nachdem das Krankenhaus der Volkspolizei die Haftfähigkeit bestätigt hatte, unter anderem wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und „Rechtsbeugung“. Zunächst kam er in ein West-Berliner Krankenhaus, dann in die Haftanstalten Rummelsburg in Ost-Berlin und anschließend nach Plötzensee. Am 4. Oktober 1990 wurde Mielke auf Antrag seines Anwalts wegen schlechter Haftbedingungen in die JVA Moabit verlegt, wo er für längere Zeit verblieb. Inzwischen konzentrierten sich die Ermittlungen auf Mielkes Beteiligung an dem Mordanschlag auf dem Bülowplatz im Jahr 1931.

Das 1934 eingeleitete Verfahren gegen Mielke wegen des Doppelmords wurde seinerzeit vom Landgericht Berlin eingestellt, weil Mielke flüchtig war. In einem groß angelegten Prozess wurden nach Wiederaufnahme der Ermittlungen im Juni 1934 unter anderem Max Matern wegen seiner Beteiligung am Doppelmord zum Tode verurteilt und hingerichtet und der ebenfalls angeklagte Mittäter und spätere Generalmajor des MfS Erich Wichert zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt.[12] Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erließ die Staatsanwaltschaft der Viersektorenstadt Berlin erneut Haftbefehl gegen Mielke, doch beschlagnahmte die sowjetische Besatzungsmacht die Verfahrensakten. Nach der Wiedervereinigung eröffnete das Landgericht Berlin im November 1991 das Hauptverfahren gegen Mielke wegen der „Bülowplatzsache“.[13] Mielke wurde des Mordes angeklagt. Die vom Februar 1992 bis zum 26. Oktober 1993 geführte Verhandlung endete mit seiner Verurteilung wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Ende 1995 wurde Mielke, nachdem er insgesamt mehr als zwei Drittel der sechs Jahre verbüßt hatte, im Alter von 88 Jahren auf Bewährung entlassen.

Mielke wurde als Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR und damit Mitverantwortlicher für den Schießbefehl an der Berliner Mauer und Innerdeutschen Grenze angeklagt. Das Gerichtsverfahren, in dem auch andere Mitglieder der Staatsführung der DDR sich verantworten mussten, wurde am 13. November 1992 vor der 27. Kammer des Landgerichts Berlin eröffnet, doch wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten wurde das Verfahren gegen Mielke vom Hauptverfahren abgetrennt und schließlich eingestellt.

Mielke starb am 21. Mai 2000 in einem Altenpflegeheim in Berlin-Neu-Hohenschönhausen. Nach seiner Einäscherung im Krematorium Meißen[14] fand er am 6. Juni auf eigenen Wunsch seine letzte Ruhestätte in einem namenlosen Urnengrab auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde.

Privatleben

Mielke heiratete 1948 Gertrud Müller (* 1909), hatte eine Adoptivtochter (* 1946) und einen Sohn (* 1948).[15]


Wohnorte in Berlin: Stettiner Straße 25 (Wedding), Stille Straße 10, Prendener Straße 28, Altersheim Haus Kyritz Kyritzer Straße 63.

Text: Wikipedia

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Bild: Bundesarchiv Bild 183-R0522-177

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